Leseprobe

Wiener Stadtbauern - Gärtnerei Bach Die Hüterin der Vielfalt

Ein Bauer in der Stadt mag auf den ersten Blick wie ein Fremdkörper wirken. Wie jemand, der sich verirrt hat, vielleicht maximal auf der Durchreise ist, aber eigentlich gar nicht hierher gehört. Auf den zweiten Blick passt das aber sehr gut zusammen. Immerhin ist die Stadt nicht nur grau, sondern sehr oft auch grün – vor allem am Stadtrand. Mehr als 600 landwirtschaftliche Betriebe gibt es in Wien. Das reicht vom landwirtschaftlichen Aushängeschild – dem Wiener Weinbau – über die vielen Gärtnereien, die hier lange Tradition haben, bis hin zu kleinen Mischbetrieben. Selbst Hochlandrinder werden innerhalb der Stadtgrenze gehalten. Und dann gibt es noch die jungen, kreativen Betriebe, die häufig von Quereinsteigern gegründet wurden – oft aus der Überlegung heraus, wie man eine Millionenstadt mit regionalen Produkten versorgen kann.
So unterschiedlich all diese Betriebe sein mögen, eines ist ihnen gemeinsam: Sie sind stolz darauf, Wiener Bäuerinnen oder Bauern zu sein, und würden – auch wenn es außerhalb der Stadtgrenze wohl einfacher wäre – niemals die Stadt verlassen. Und das ist gut so.

Gärtnerei Bach
Die Hüterin der Vielfalt

Eveline Bach ist die Spezialistin für Sortenvielfalt bei Gemüse und Kräutern. Das weiß vor allem die Gastronomie zu schätzen. Weil die Stadt immer weiterwächst, musste die Gärtnerei von Stadlau nach Essling ziehen.

Ohne sie wäre es in der heimischen Gastronomie wohl ein bisschen langweilig. Eveline Bach ist, wenn man so will, die Adresse, wenn es um Vielfalt bei Gemüse und Kräutern geht. Heinz Reitbauer bekommt noch bis in den Herbst hinein die Blüten der Duftpelargonien von ihr, Silvio Nickol schwört auf ihre Gewürztagetes, und die Gelbe Kosmee landet regelmäßig im Restaurant Heuer am Karlsplatz. Ganz zu schweigen von den rund 100 verschiedenen Paradeisersorten und noch einmal so vielen Chili- und Paprikasorten, den Gurkenraritäten – von der Schlangenhaargurke bis zur Russischen Gurke – oder anderen Besonderheiten wie thailändischem Wasserspinat, Rattenschwanzradieschen oder Okra.
Auch wenn sich die Gärtnerei Bach durchaus an Privatkunden richtet, ist es doch die Gastronomie, die mit ihrer stetigen Suche nach etwas Neuem die Vielfalt in der Gärtnerei erst richtig vorangetrieben hat. Die Gastronomen sind es auch, die Eveline und Mario Bach weiterhin die Treue halten – trotz des Umzugs, der 2017 über die Bühne ging. Der etwas längere Anfahrtsweg in die Hänischgasse in Essling ist für sie nicht einmal der Rede wert. Sie würden wohl noch weit mehr Kilometer in Kauf nehmen – im Gegensatz zu den meisten Privatkunden.

Wertschätzung für die Pflanzen

Der Direktverkauf sei durch den Umzug stark zurückgegangen. Die Leute aus der Stadt seien sehr träge, meint der Gärtner: »Das ist für sie schon das Ende der Welt, eine sehr kleine Welt.« Deshalb sind sie gerade dabei, die Vertriebsstruktur etwas umzustellen, damit ihre Kunden die Bestellungen etwa bei einem Gastronomiepartner abholen können.
Den Bachs ist es wichtig, ihren Kunden die Wertschätzung für frisches Gemüse näherzubringen – und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass es eben nicht immer alles gibt. Die Saison läuft in der Gärtnerei von Mitte April bis Mitte Oktober. Auch wenn der Betrieb nicht bio-zertifiziert ist, wird sehr naturnah gearbeitet. Jede Kultur wächst in Erde und nicht in einem Substrat, wie sonst etwa bei Paradeisern üblich. Am neuen Standort wurde eine Photovoltaikanlage installiert, geheizt wird also mit Pellets und Solarenergie, im Sommer geht die überschüssige Energie in einen Pufferspeicher.
»Wir produzieren nicht auf Teufel komm raus, wir wissen, was geht und was wir verkaufen können«, betont Eveline Bach. »Wir haben die Fläche zur Verfügung und bewirtschaften sie extensiv. Eine Fruchtfolge ist wichtig und auch, dass sich der Boden dazwischen ausruhen darf.« Eine der beiden kleinen Katzen, die hier in der Gärtnerei herumtollen, dürfte das Stichwort aufgeschnappt haben und macht es sich in einer der Erntekisten neben dem Gartentisch gemütlich.
So wachsen im Freiland Kohl, Karfiol, Brokkoli, Stangensellerie, Knollenfenchel oder diverse Salate. Paradeiser, Paprika, Gurken, Melanzani, Radieschen, Spinatraritäten oder Chioggia-Rüben gedeihen hingegen in geschützter Kultur, also im Folientunnel oder im Glashaus. Rund 12.000 Quadratmeter Freilandfläche und knapp 7000 Quadratmeter geschützte Fläche stehen hier zur Verfügung. Neue Sorten kommen kaum noch dazu. »Wir haben einen so großen Fundus, wir müssen aufpassen, dass es nicht zu viel wird«, meint die Gärtnerin. Auch wenn für sie nicht viel Neues dazukommt, für den Laien gibt es hier immer etwas zu entdecken. Zum Beispiel den Mexikanischen Blattpfeffer: »Das Tolle daran ist, dass jeder Koch etwas anderes daraus macht!« Oder aber den Baumsauerklee: »Der kann mit seinen dicken Stielen wie ein Bäumchen auf die Speisen gesteckt werden.« Auch Rosenblättriger Salbei, Rosenweihrauch, Kubanischer Oregano oder Salzmelde gedeihen hier. Frau Bach geht gerne mit Köchen durch die Gärtnerei, für die sei das eine kleine Entdeckungsreise. »Die wissen das zu schätzen.« Sie selbst aber offenbar auch: »Wissen Sie, so viele Leute sagen, sie entspannen im Garten. Und wir dürfen hier arbeiten.«

Info

Gärtnerei Bach
Eveline Bach
Hänischgasse 17, 1220 Wien
www.gaertnerei-bach.at
info@gaertnerei-bach.at
Tel.: 01 2809534
Ab-Hof-Verkauf: Mitte April bis Mitte Oktober:
Donnerstag 14–18 Uhr, Freitag 8–18 Uhr,
Samstag 8–12 Uhr

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