Still, still, still

Advent in Wien

Frances Trollope

© (c) Sammlung Dr. Ingrid Hänsel Bild vergrößern Foto: (c) Sammlung Dr. Ingrid Hänsel

Mit den Augen einer welterfahrenen Frau durchstreift Frances Trollope im Dezember 1836 die vorweihnachtliche Residenzstadt,
sie besucht Marktstände und studiert das Angebot in den vornehm-eleganten Luxusläden – die weit gereiste Britin, Tochter eines Vikars und geboren in Stapleton bei Bristol, stellt dem „Einkaufsplatz“ Wien ein überraschend gutes Zeugnis aus. Ihr Bericht bestätigt auch, dass gut zwei Jahrzehnte nach den ersten Christbäumen in der Stadt diese nunmehr aus dem Straßenbild nicht mehr wegzudenken sind.

„Seit einigen Tagen herrscht in der ganzen Stadt ein mehr als reges Treiben, das den Vorbereitungen zum Weihnachtsfeste gilt. Die Kaufleute wetteifern untereinander, welcher von ihnen die lockendste Auswahl erlesener Dinge in ihren verschiedenen Läden auszustellen vermag. Obwohl London und Paris ausgedehnter sind und dadurch auch größere Geschäfte, sogar Ausstellungssäle zur Verfügung stehen, vermögen sie doch nichts Besseres und Schöneres zu bieten, als man hier zu sehen bekommt.

In den wichtigen Artikeln, wie Shawls, Spitzen, Seidenstoffen, Atlas und anderem mehr, ist es kaum möglich, daß sie irgendwo übertroffen werden könnten. Die Gold- und Silberschmiede und die Juweliere überbieten mit ihren kostbaren Kollektionen sicher die von Frankreich und England, mit Ausnahme vielleicht der unzugänglichsten Geheimschätze von Rundel und Bridges oder Hamlets in London.

Das geschliffene Glas in den Auslagen ist über alle Vorstellung zart und schön. Man glaubt sich fast im Bannkreise eines Zauberers, so strahlend, so geschmackvoll und phantastisch in Gestalt und Farbe sind die Schöpfungen der böhmischen Glasfabriken.
Die Fenster der Zuckerbäcker prangen hier allerdings nicht mit majestätisch aufgeschichteten und prächtig verzierten Christmas-Cakes wie bei uns. Statt dessen gibt es aufgereiht Bonbonnieren aller Art, welche die Augen blenden, denn es flimmert und funkelt wie in Grotten mit tausend Kristallen.
Die Kunst, in Zucker zu arbeiten, wird nirgends, selbst nicht in Paris, mit größerer Vollkommenheit beherrscht als hier. So kann man alle Früchte der Erde unabhängig von der Jahreszeit genießen und hat es doch nur mit Zuckerpflaumen zu tun. Diese Leckereien sehen auch äußerst lieblich aus.

Indessen wäre ich eine Wiener Hausfrau, so würde ich nie diese pyramidenförmig belegten Tabletts unter meinen Gästen herumreichen lassen. Jedes dieser Bonbons ist zierlich in Papier gewickelt, damit es zum Munde geführt werden kann, ohne die Handschuhe zu beflecken. Die Folge aber davon ist, daß die Teppiche im Gesellschaftszimmer darunter unvermeidlich leiden, denn es ist nicht ungewöhlich, den Boden nach einigen Runden solcher Stärkungen mit diesen Zuckerpapierchen bestreut zu sehen.

Diese besonderen Vorbereitungen zum Feiern sind aber keineswegs nur auf die wohlhabenderen Klassen beschränkt. An jeder Straßenecke sieht man Frauen aus den niedrigen Ständen um Christbäume feilschen, die mit buntem Papier herausgeputzt sind.

Diese Bäume werden in jeder Größe und für jeden Preis fast von jeder Familie in Wien, die noch Kinder hat, gekauft. Auch ist diese Sitte keineswegs der Hauptstadt eigentümlich; wie man mir sagt, gibt es keine Hütte in Österreich, die nicht etwas der Art hat, um diese freudenreiche Zeit zu feiern. Der Baum heißt der ,Baum des Jesukindes‘, und an den Zweigen hängen allerlei niedliche Spielsachen, Bijous und Bonbons, welche unter die beim Feste Anwesenden verteilt werden. An den Bäumen, die auf der Straße verkauft werden, wird der Platz kostbarer Geschenke mit Äpfeln, Rosinen, Kastanien oder Pfefferkuchen behangen; alle aber sehen mit ihrem bunten Papierschmucke gefällig und feiertagsmäßig aus.

Ich habe in dem Antlitze mancher armen Frau, welche zwischen Zweigen, die mit rotem, und anderen, die mit blauem Papier geschmückt waren, schwankte, genau ebensoviel Freude gesehen, wie sie nur die reichste Dame empfinden konnte, während sie die elegantesten und kostbarsten Geschenke für ihre Verwandten und Freunde aussuchte“

€ 25,00
Hardcover
20,5 x 27 cm; 208 Seiten
ISBN 978-3-222-13683-2
Erscheinungstermin: 23/09/2021
Sofort lieferbar

Weihnachtszeit wie damals

Dieses stimmungsvolle Backbuch nimmt uns mit auf eine nostalgische Zeitreise zurück in die weihnachtliche Welt unserer Urgroßväter und Großeltern. Es versammelt Hinweise aus Memoiren, Tagebüchern und Reiseberichten, bringt Geschichten und Erinnerungen an eine längst versunkene Zeit.

Köstliche Keks- und Plätzchenrezepte erinnern an Adventsonntage bei der Oma. Der Duft von Vanille und Zimt zaubert uns ein Lächeln ins Gesicht, während wir so manch Wissenswertes über Krippenspiele und kitschige Weihnachtspoesie, über Nikolaus und Krampus, über Christkind und Christmette erfahren. Geschichten und Gedichte von den ersten Christbäumen, von Weihnachtseinkäufen und uraltem Brauchtum lassen so den einzigartigen Zauber des Fests von anno dazumal noch einmal lebendig werden und uns mit Glanz und Glück erstrahlen.

• Ein wunderschönes Hausbuch für die ganze Familie zum Schwelgen, Lesen und Schenken
• Nostalgische Weihnachtsstimmung mit Geschichten, Gedichten u. v. m.
 

Johannes Sachslehner, geb. 1957 in Scheibbs, studierte an der Universität Wien Germanistik und Geschichte (Dr. phil.) und unterrichtete von 1982 bis 1985 an der Jagiellonen- Universität Krakau als Gastlektor für deutsche Sprache und Literatur, seit 1989 Verlagslektor. Zahlreiche Publikationen zu historischen und kulturhistorischen Themen.

Ingrid Pernkopf verkörperte österreichische Alltagsküche wie keine andere. Die Gmundnerin führte bis zu ihrem Tod 2016 mit ihrem Mann Franz das Gasthaus „Grünberg am See“. Basierend auf dem Fundus ihrer Großmutter sammelte und entwickelte sie all jene Rezepte, die bis heute überzeugen.

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Weihnachten wie damals

€ 25,00
Hardcover
20,5 x 27 cm; 208 Seiten
ISBN 978-3-222-13683-2
Erscheinungstermin: 23/09/2021
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