10.000 Schritte in Graz

Die Zeitreisende

Blick in die Zukunft.
Blick in die Ferne.
Blick in die Vergangenheit.

© (c) Lukas Elsneg Bild vergrößern Foto: (c) Lukas Elsneg

Dort, wo die Eggenberger Allee die Alte Poststraße kreuzt und die Fachhochschule Joanneum ambitionierte Studierende für zukunftsträchtige Jobs ausbildet, beginnt unser heutiger Fußmarsch. Wir erschließen einen gänzlich neuen Stadtteil, der noch im Werden begriffen ist: die REININGHAUSGRÜNDE. Es hat mehrere Konzepte, viele Nachdenkprozesse und heftige Diskussionen gebraucht, bis es schlussendlich so weit war, aber nun manifestiert sich die Zukunft sukzessive in einem Ziegelstein über dem anderen. Auf einer Fläche so groß wie 73 Fußballfelder entstehen bis zum Jahr 2025 Wohn- und Gewerbeflächen, belebte Sockelzonen und ein Schulcampus. Das neue Quartier bietet bis zu 10.000 Menschen Platz, die ersten sind 2020 eingezogen.

Der Schloßberg ist zum Greifen nahe, die Innenstadt liegt nicht einmal 2 Kilometer entfernt. Wir gehen ein Stück die Alte Poststraße entlang. Stattlicher Zeuge der Veränderung am Wegesrand: die denkmalgeschützte TENNENMÄLZEREI. 2020 fungierte sie als Denk- und Kreativlabor von La Strada. Seit 2006 ist das internationale Festival für Straßen- und Figurentheater eng mit Reininghaus verbunden und hat hier bereits des Öfteren eine spannungsreiche Bühne gefunden und genutzt. Die Tennenmälzerei, erbaut anno 1888, ist immer wieder auch als Kulturzentrum des neuen Stadtteils im Gespräch.

Wir tauchen in das Areal ein. Schon im 16. Jahrhundert stand hier ein Mauthaus. 1853 wurde es von Johann Peter Reininghaus und des

sen Frau Therese Mautner Markhof gekauft. Mit seinem Bruder Julius gründete Johann Peter die Firma „Brüder Reininghaus“ und baute die erste dampfbetriebene Brauerei der Steiermark. Legendär waren auch die Büffel, mit denen das Reininghaus-Bier in Graz ausgeliefert wurde. Nach der Stilllegung ist es allerdings auch auf den Gründen stiller geworden.

Noch künden erst wenige neue Gebäude und erste Straßenbahnschienen, dafür aber Bauzäune und Kräne von dem neuen urbanen Leben zwischen Gries, Wetzelsdorf und Eggenberg. Richtung Westen haben wir unser Etappenziel bereits pittoresk im Blick: Zwischen den Baumkronen blitzt das Kirchlein St. Johann und Paul hervor. Der Wald darum herum präsentiert sich im Sommer im üppigen Grün, im Herbst als prächtiges Farbenspiel, in der kalten Jahreszeit mit viel Glück als verschneites Winterwunderland. Der Natur räumt man auch auf den Reininghausgründen wieder Raum ein. 2022 wird hier ein öffentlicher Park eröffnet, der das Thema „Kühles Nass“ nach der Trockenlegung der ursprünglichen Eisteiche mit einer Wasserzeile wieder aufnehmen soll. Die Domenico-dell’Allio-Allee, die vom Park bis zur Wetzelsdorfer Straße führt, fungiert als Grünachse.

Wir bewegen uns allerdings jetzt in die andere Richtung, queren die Wetzelsdorfer Straße und nehmen einfach den Weg mitten durch die Siedlung, in der die Wohnhäuser bereits bezogen sind. Weiter vorne, auf dem ehemaligen Gelände der Hummelkaserne, ist der militärische Alltag spielenden Kindern gewichen. Im Jahr 2016 war ein Wohnprojekt mit vier sechsgeschossigen Bauten der seinerzeit höchste Holzwohnungsbau Österreichs. In der Peter-Rosegger-Straße angekommen
biegen wir nun nach rechts ab und folgen dieser bis zur Krottendorfer Straße. Hier passieren wir den Steiermarkhof, die Bildungs- und Tagungsstätte der Landwirtschaftskammer Steiermark, und erreichen dann bald den Neupauerweg.
Rechtsum!

Die urige „Mostschänke Grießner“ liegt für etwaige Gelüste nach einer herzhaften Buschenschank-Jause in Sichtweite.
Unser Weg führt uns allerdings an dieser Abzweigung vorbei den Hang hinauf. Je mehr Schritte wir tun, desto weiter breitet sich das Grazer Becken vor uns aus. Da die Straße zügig ansteigt, haben wir schon nach kurzem einen wunderbaren Blick über die Stadt – nicht zuletzt auch auf Schloss St. Martin in nicht allzu weiter Ferne. Man könnte es gut über den Winterleitnersteig erreichen und damit die Tour 1 durch die Grazer Stadtweingärten anschließen. An der Abzweigung im Wald wählen wir heute jedoch den Weg Richtung St. Johann und Paul.

Nun ist es nicht mehr weit, schon führen die letzten Stufen aus dem Wald heraus auf die Wiese, hier findet sich auch ein Gasthaus für Ausflügler. Das KIRCHLEIN ST. JOHANN UND PAUL hat eine lange Geschichte. Als „Johann am Kögelein“ wird es
bereits 1507 als Stätte der Wallfahrt genannt. 1589 wurde es auf Engagement Maria Anna von Bayerns, der Frau des Landesfürsten Erzherzog Karl II. renoviert und ausgebaut, wie an einem Aushang an der Kirchenmauer geschrieben steht. 1594 erfolgt die Weihe der Kirche, die unter anderem Szenen aus dem Leben der Heiligen Johann und Paul schmücken. Seit 1996 ist das Kirchlein im Besitz der Stadt Graz und offen für private Feierlichkeiten.

Auf der AUSSICHTSPLATTFORM hinter der Kirche hat man – bei guter Wetterlage – einen wirklich sagenhaften Blick über die Stadt und noch weit darüber hinaus. Und: Man hat Zeit zum Innehalten. Eine Denkpause ist den Wandernden ans Herz gelegt.
Ja, mehr noch: „Neige deines Herzens Ohr.“ Die Worte des Heiligen Benedikt stehen nebst anderen gedanklichen Impulsen berühmter Menschen auf jener Tafel geschrieben, die den Angekommenen die Gipfel der Umgebung benennt und Orientierung schafft. Der Blick wandert vom Plabutsch über die Hohe Rannach und den Schöckl bis zur Platte, die Basilika Mariatrost erstrahlt in der Ferne, der Schloßberg detto. Der Panoramablick bestätigt: Graz muss man nicht heimlich lieben, das kann man auch ganz offen tun.

Der Naturerlebnispark Plabutsch-Buchkogel wartet noch mit einer weiteren Besonderheit auf: einer AUSGRABUNGSSTÄTTE des Landesmuseums Joanneum. Auf der Wiese neben dem Gasthaus stand nämlich vor mehr als 5.500 Jahren ein Bauernhof, das haben Ausgrabungen in den 2000er-Jahren zutage gebracht. Es sind damit die ältesten dokumentierten Häuser in der Steiermark. 

Es wurde ein Kinderspiel platz errichtet, das Gehöft aus der Jungsteinzeit wurde räumlich nachempfunden. Schautafeln führen vor Augen, wie Menschen damals gelebt und welcher Hilfsmittel sie sich im Alltag bedient haben. Bei den Ausgrabungen kamen Keramikfragmente von Vorratsgefäßen, Stücke von verzierten Schalen, Perlen, Ringe und Tonlöffel zum Vorschein.

Der Platz ist auch ein guter Ausgangspunkt, um den Buchkogel weiter zu erwandern. Oder man tritt wie wir den Rückweg an, folgt dem Hinweisschild Richtung Erdbergweg und landet bald auf selbigem. Noch immer ist die Aussicht reizvoll. Neupauerweg, Ölbergweg, Erdbergweg, Spielbergweg – alle Wege führen in unterschiedlichen Verschlingungen irgendwann zurück auf die Ebene, wo der Autobus schnell in Reichweite ist.

 

 

 

 

 

 

 

(c) alle: Lukas Esneg

  • Inge Fasan
  • 10.000 Schritte in Wien
  • Zum Gehen verführt
€ 24,00
Franz. Broschur
14,5 x 20,5 cm; 208 Seiten
ISBN 978-3-7088-0810-9
Erscheinungstermin: 14/03/2022
Sofort lieferbar

Gehen – der einfachste Weg zur Fitness

Täglich 10.000 Schritte zu gehen gilt als gutes Maß, um sich alltagsfit zu halten und das Wohlbefinden zu steigern. Der Kreislauf kommt in Fahrt, die Muskulatur wird trainiert und der Geist wach. Also: Runter von der Couch und rein in die Schuhe! Es gibt so viel zu entdecken – zu jeder Jahreszeit, bei jedem Wetter und gleich vor der Haustüre.
Dieses Buch liefert 15 Touren quer durch Wien, auf denen die „10.000“ leichtfüßig und mit Genuss zu erwandern sind. Innerstädtisch, im Grünen, fordernd oder ganz sanft – und immer informativ: Entlang der Routen entrollt sich so manche Geschichte, die für Besucher:innen der österreichischen Hauptstadt, aber auch für Wiener:innen Neuland ist.

• 15 x 10.000 Schritte zu einem besseren Körpergefühl und wacheren Geist
• Wie Sie motiviert und kurzweilig Bewegung in Ihren Alltag bringen und gleichzeitig Wien erkunden
• Alle Touren mit optimaler öffentlicher Anbindung

PRESSESTIMMEN:

Mit ihrem neuen Buch will Inge Fasan auch bisher eher wenig überzeugte Spazier-gänger ansprechen. - bz WIENER BEZIKSZEITUNG

Zum Gehen verführen, das will auch Inge Fasan in ihrem [...] Buch "10.000 Schritte in Wien" (Kneipp Verlag). Nicht nur, weil Wien unendliche Spazier-Möglichkeiten bietet, sondern um ihre Leser außerdem zu mehr körperlichem und seelischem Wohlbefinden zu bewegen. - DIE PRESSE AM SONNTAG

Inge Fasan hat in Wien Germanistik und Kunstgeschichte studiert und arbeitet als freiberufliche Lektorin und Autorin. Die begeisterte Hobby-Promenadologin ist unterwegs, wann immer es geht – mit oder ohne Hund. Das Gehen in Wien hat für sie einen besonderen Reiz, denn auch oft besuchte Ecken bieten überraschende Ein- und Ansichten: Im Vorbeigehen Geschichte(n) zu entdecken ist ihre große Leidenschaft.

Lukas Lorenz lebt und arbeitet als Fotograf in Wien. Er liebt den Wiener Charme, Ironie und Zweideutigkeit. Mit seinen visuellen Arbeiten verleiht er Ideen mit großer Leidenschaft ein fotografisch eigenständiges und persönliches Gesicht. So hat er auch die facettenreiche Stadt an der Donau aus ungewöhnlichen Blickwinkeln eingefangen. Seine geradlinigen Fotos machen neugierig und lassen die Betrachter in die gezeigte Welt eintauchen.

Blick ins Buch

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10.000 Schritte in Wien

€ 24,00
Franz. Broschur
14,5 x 20,5 cm; 208 Seiten
ISBN 978-3-7088-0810-9
Erscheinungstermin: 14/03/2022
Sofort lieferbar
9783708808109 - 10.000 Schritte in Wien
9783708808109 - 10.000 Schritte in Wien
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