Stille Wasser, weite Berge, goldener Wein

Spitz an der Donau

Panoramawanderung & eine Wachlandschaft par excellence

© (c) Eva Gruber Bild vergrößern Foto: (c) Eva Gruber

Weg: Start/Ziel P Bahnhof Spitz (N 48.36570 , E 15.41854 ) – stromauf, rechts in Hauptstraße – Marktstraße – Kirchenplatz – rechts in Rote-Tor-Gasse – Marstal – rechts in Güterweg – Hüterhütte – Rotes Tor – rechts hinab ins Mieslingtal – Miesling-Bachüberquerung – nach 100 m bergab links abzweigen auf Forststraße – Anstieg Michaelerberg bis „Kreuzung Buschandlwand“ – hier rechts („Welterbesteig“!) gehen – nach links via Stolleneingang – rechts des Weges mehrmals Aussichtskanzeln (z. B. N 48.37095 , E 15.42771 ) – Wiese Michaelerberg – rechts Abstieg nach St. Michael – Treppelweg flussauf bis Spitz – bei Lokal „Donauschlössel“ rechts, die Hauptstraße und Bahnlinie unterquerend, zum Bahnhof

Tipps: Strecke Man folgt den Schildern „St.-Michael- Rundweg“ und/oder „Welterbesteig (verlaufen zunächst gleich) | Spaziergang Tausendeimerberg (ab Friedhof Spitz) und Ruine Hinterhaus empfohlen | Wetter Teilweise sonnenexponiert | Einkehr Unterwegs keine Einkehr

Im Jahr 2000 wurde die Wachau von der UNESCO zum „Weltkulturerbe der Menschheit“ gekürt.
Seither führt der „Welterbesteig“ auf 180 Kilometern in 14 Tagesetappen beidseits der Donau durch die Region. Die Höhenwanderung über den Michaelerberg deckt sich zumeist mit seiner Etappe Nummer 3. Sie ist von traumhaften Wachaublicken gekrönt und führt mitten durch die großartige Weinlandschaft von Spitz.

In Spitz wächst der Wein schon mitten im Ort sowie auf allen Berghängen ringsum, von denen etliche, wie der „Tausendeimerberg“, zur Gänze terrassiert sind! Im Frühling zieren ihr Grün unzählige duftende weiße Tupfen: blühende Marillenbäume, denn der Spitzer Graben gehört zu den größten Marillenanbaugebieten am nördlichen Donauufer. Die ersten Siedler dürften die Kelten gewesen sein. Zeugen der Geschichte von Spitz seit dem Mittelalter sind die vielen Bauten aus der Gotik, Renaissance und dem Barock. Durch das malerische Häuserensemble des Ortes spaziere ich hinauf zur Kirche und biege dort in die Rote-Tor- Gasse ab.

In den „Welterbesteig“ eingebogen, bin ich sogleich inmitten der Rieden und, angesichts ihrer Terrassengärten, voll euphorischer Bewunderung für diese außerordentliche Landschaft, dieses Welterbe der Menschheit par excellence!

Als Weinbaugebiet ist die Wachau auch deshalb so herausragend, weil hier Gegensätze kooperieren:
Das warm-trockene Klima aus Ungarn vereint sich mit kühler Luft aus den angrenzenden Waldgebieten und wird durch die Donau als Sonnenreflektor verstärkt. So sind die Tage wärmer, die Nächte kühler, und der Fluss sorgt für ausreichende Feuchtigkeit. Auch das macht die Wachauer Weine zu den besten der Welt! Das gilt vor allem für ihre großen Rieslinge und Grünen Veltliner.

Es heißt sogar, der Riesling stamme aus der Wachau, weil sein Name sich von einer ihrer ältesten Rieden ableiten könnte, die seit 1270 (!) „Ritzling“ heißt. (Vgl. www.weingueter-in.de)

Solch Kostbares beschützten früher junge Burschen, die ab Laurenz (10. August) bis zum Ende der Weinlese in „Hiatahittn“ direkt am Weinberg hausten und – mit Feldstecher und Signalhorn – Wacht über die Trauben hielten. Über derlei und über Rebsorten, Rieden und Winzer informieren hier Tafeln. Nach einer Kreuzung steigt der Welterbesteig etwas an und führt bald als schattiger Erdpfad zwischen wilden Apfelbäumen und Federgras bergan. Oben am Bildstock begeistert mich der Blick auf die Weinterrassen, Spitz und die Donau, die heute träge und olivgrün wirkt. 

Hier verlockt mich der ebene Kamm des „Singerriedels“ zu einem Abstecher Richtung Donau. Diese Riede gehört „zu den eindrucksvollsten Lagen der Wachau“, laut „Vinea Wachau nobilis districtus“, dem Wachauer Winzerverband, der sie so charakterisiert: „8,31 Hektar Fläche, zwischen 208 und 328 Meter Seehöhe, West- bis Südhang, 50 % durchschnittliche Hangneigung, 204 Meter von der Donau entfernt, erstmals urkundlich erwähnt: 1486.“ Sieben Winzer teilen sich diesen Hang. Auf ihm ist der Riesling ganz GROSS!

Eine Tafel nennt seine Attribute, wobei sich, wie Weinstein im Glas, einige Fachspezifika mit erheiternder Rätselhaftigkeit absetzen: „Blatt: mittelgroß , drei- bis fünflappig, ungleich tief eingeschnitten, rund, blasig, dick, Unterseite rau behaart, überlappte Stielbucht. Gelblichgrüne Triebspitzen, leicht bronziert. Traube: klein bis mittelgroß, einfach und geschultert, lockerbeerig. Beere: klein bis mittelgroß , rund, grün bis gelbgrün, sonnseitig braun, Narbenpunkt. Der Wein: grünlich gelbe Farbe, vornehmer Duft, feine Nuancen,Rasse. Sein charmantes Bukett zeigt zarte Anklänge an Pfirsiche, Marillen und Zitrusfrüchte. Am Gaumen wirkt er wegen seiner pikanten Säure sehr rassig und anhaltend. Er entwickelt sich kontinuierlich und ist sehr gut lagerfähig. Er gilt als König der Weine!“ „Und gedeiht in prächtiger Kulturlandschaft“, füge ich hinzu:

Ihre Flächen und Hänge schraffierenden Rieden und Steinmauern verleihen dem Landschaftsbild eine Art strukturierter Dynamik, und inmitten ihres Grüns liegen seit altersher die Winzerorte und seit undenklicher Zeit der Strom und die Wälder – ich sehe sehr viel Kultur, sehr viel Geschichte!

Wieder zurück auf dem Weg bezeugt das Rote Tor, dass die Historie auch Leid brachte. Es ist das einzige erhaltene der ehemals sieben Spitzer Stadttore. Während des Dreißigjährigen Krieges 1618 – 1648) soll es rot von Blut gewesen sein.
Damals hatten sich hier Einheimische erbittert gegen die zahlenmäßig überlegenen Schweden gewehrt. Die Eindringlinge siegten …
Mit dem Abstieg vom Roten Tor ins Mieslingtal tauche ich in den Mischwald ein, durch den der Weg ab nun meist verläuft. Damit umgibt mich angenehm kühler Schatten und intensiver Zyklamenduft!
Jenseits des Baches steige ich auf einer kurvenreichen Forststraße die Berglehne wieder bergan. Am „Kreuzungspunkt Buschandlwand“ zweige ich rechts ab und in der Senke links, kurz danach passiere ich den Stolleneingang eines aufgelassenen Kupferbergwerks.

Der Aussichtsreichtum der Tour beginnt nun mit einem Erdpfad, der etwas auf und ab durch lichten Mischwald zunächst direkt auf die Donau und eine Felskuppe zuhält, nach der er parallel zum Strom verläuft. Hier ist das Gelände sehr sonnenexponiert, trocken, von Eichen geprägt, und auf dem Boden glitzert immer wieder Schiefer.

Danach ist die felsige Landspitze hoch oben am Bergabhang erreicht. Ihre Felsen erinnern an gigantische Stapel von Palatschinken. In einer Melange aus braunem, grauem und rostrotem Gestein, braungrünem Moos und gelben, weißen oder grünen Flechten ragen sie mit einzelnen Föhren oder knorrigen Baumleichen davor direkt in dieses große Landschaftsgemälde: mit den Rieden in Tallagen, den Arnsdörfern und dem Dunkelsteiner Wald, dann dem Strom als grünem Band und rechts von ihm Spitz, der Tausendeimerberg, die Ruine Hinterhaus und viel Wald auf Teufelsmauer, Elferkogel, Zwölferkogel, Hirschenkogel, Dürreck und Jauerling mit dem Sender – es sind erhebende Ausblicke auf den Fluss, den Wein, das Land! Im Weitergehen höre
ich mich unversehens das „Wachaulied“ summen:

„Wachau, Wachau, du Träumerin am blauen Donaustrand, in Bergesgrün so mittendrin gleich einem Märchenland …“ Nach kurzen Waldstücken folgen ein zweiter felsiger Aussichtsplatz und ein dritter. Jeder offenbart unendlich idyllische Anblicke der Donau und des von ihr geschaffenen Tales. Ihre zerstörerische Macht zeigte sie dramatisch bei der „Jahrhundertflut“ im August 2002: Damals hatte der Wasserstand der Donau nach einem Atlantiktief und darauf folgendem Adriatief am Pegel Kienstock (vier Kilometer stromab von Spitz) 7,75 Meter über dem Schnitt erreicht!

Spitz war, wie der Bezirk Krems, Katastrophengebiet. Die Flut forderte Menschenleben. Straßen waren überflutet, Muren gingen ab, Orte waren abgeschnitten, Menschen flohen auf die Dächer ihrer Häuser und wurden von Hubschraubern evakuiert.
Im Juni 2013 stieg die Donau ähnlich hoch.

In der Wachau aber blieben die Orte nunmehr hinter kilometerlangen, drei Meter hohen, zehn Zentimeter dicken Alu-Schotten trocken … Nach einem Waldstück eröffnet ein Wiesenhang erneut einen prachtvollen Donaublick. Von ihm steige ich auf einem Erdweg durch Laubmischwald und dann über einen blumenreichen Trockenrasen mit schöner Aussicht nach St. Michael, wo die älteste Kirche der Wachau steht: Hier sollen schon die Kelten nach glücklicher Befahrung der Stromschnellen Dankesopfer dargebracht haben. Nach einem Blick in den Karner, wo Totenschädel ein Memento mori illustrieren, wandere ich die Donau entlang flussauf nach Spitz, flankiert von Belegen großen Einsatzes: Rechts, zwischen den Steilfelsen des Michaelerbergs, ziehen Winzer, wo das extrem steile Gelände die geringste Chance dazu lässt, in Handarbeit Grünen Veltliner und Riesling … Links kündet eine Tafel vom ökologischen Umgang mit dem Donauschotter: Der aus der Schifffahrtsrinne gebaggerte Kies wird zu Inseln und an Ufern aufgeschüttet und so für Mensch und Tier nutzbar!

Ein wenig später steht in St. Michael auf einem Heurigentisch ein Teller duftender, flaumiger Marillenknödel vor mir …

(c) Fotos und Karte: Eva Gruber

  • Eva Gruber
  • stille Wasser – weite Berge – goldener Wein
  • Wanderungen im Osten Österreichs
€ 23,00
Broschur
14,5 x 20,5 cm; 192 Seiten
ISBN 978-3-222-13682-5
Erscheinungstermin: 05/07/2021
Sofort lieferbar

Hinaus ins Freie!

In 24 sorgfältig ausgewählten, landschaftlich herausragenden Wanderungen zu Wein, Wasser und Berg im Osten Österreichs zeigt uns Eva Gruber beeindruckende Naturerlebnisse, die von Wien aus gut erreichbar sind: rauschende Wasserfälle, bemooste Felsen, mystische Teiche und herbstgoldene Weinberge.
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PRESSESTIMMEN

"​Feine Anregungen für Touren im Osten von Österreich." - DIE PRESSE

"Eva Gruber hat das getan, womit viele Menschen in den Lockdowns ihre Zeit verbracht haben: Sie wanderte, und zwar durch den Osten Österreichs ..." - Kronen Zeitung

"Reizvolle Anregungen." - TV Media

" ... ein besonderes Buch." - Campingrevue

Eva Gruber wuchs in einer Bergsteigerfamilie im Schwarzatal auf, studierte Germanistik und Anglistik in Wien, startete ihre Berufslaufbahn im Art-Brut-Center „Haus der Künstler“ in Maria Gugging und war anschließend im Verlagswesen tätig. Seit 2007 setzt sie sich als Autorin und Landartistin mit dem Thema Naturlandschaft auseinander – in Form von Fußreisen, Landart-Installationen im öffentlichen Natur-Raum, Publikationen, Ausstellungen und Vorträgen. Sie lebt in Gloggnitz und auf Reisen.
www.eva-gruber.com
Im Styria Verlag von Eva Gruber bereits erschienen: „Semmering,Rax, Schneeberg. Die schönsten Wanderungen in den Wiener Alpen“.

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stille Wasser – weite Berge – goldener Wein

€ 23,00
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ISBN 978-3-222-13682-5
Erscheinungstermin: 05/07/2021
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