Genussradln rund um Wien mit Florian Holzer

Wachau linkes Ufer

Streckenprofil:

Länge: 19 Kilometer
Höhenunterschied: 40 Höhenmeter
Streckenzustand: erstklassig
Sicherheit: hoch
Schwierigkeitsgrad: sehr leicht
Beginn: Bahnhof Krems
Ende: Bahnhof Spitz an der Donau

Genussradln rund um Wien - © (c) Rupert Pessl www.rupertpessl.com Bild vergrößern Foto: (c) Rupert Pessl www.rupertpessl.com

Der Wachau-Radweg ist ein absolutes Erfolgsmodell: Es handelt sich um das wahrscheinlich schönste (Oberösterreicher werden da protestieren) Teilstück des Donauradweges von Passau nach Wien, bei dem es sich wiederum um den ältesten und populärsten Radweg Europas handelt. Kein Wunder: Traumhafte Landschaft, sehr gut ausgebaute Strecke, leicht erreichbar, viele Sehenswürdigkeiten und ein unglaublich dichtes Angebot an wirklich attraktiven Einkehrstationen. Einziger Nachteil: Die Wachau ist kein Geheimtipp, auch unter Radfahrern nicht. Die Strecke ist so einfach und sicher, dass sie auch für Familien oder Rad-Wandergruppen attraktiv ist, weshalb es sich an sonnigen Mai-Wochenenden hier durchaus stauen kann. Hat man also ein ganz spezielles Lokal als Ziel für ein gepflegtes Essen im Auge, sei eine Reservierung dringend angeraten. Mit dem Fahrrad ist das zwar immer ein bisschen schwierig, daher die Anfahrtsdauer großzügig berechnen, aber besser, man ist eine halbe Stunde zu früh dort, als man radelt mit Stress.
Die Strecke lässt sich in beide Richtungen gleich gut befahren, die Rückkehr mit der Wachau-Bahn ist ein Erlebnis für sich (Achtung, Fahrplan beachten und sicherheitshalber Ticket im Vorhinein buchen, der Zug fährt nur vier Mal pro Tag). Die Rückfahrt lässt sich aber natürlich auch am rechten Donauufer – mit der Rollfähre übersetzen – bewerkstelligen, wenn noch ausreichend Kraft und Wille vorhanden. 

Wir beginnen die Tour in Krems, dessen Bahnhof sich in unmittelbarer Nähe auch zur mittelalterlichen Altstadt befindet als auch direkt an der Wachaustraße liegt, auf der wir uns in weiterer Folge bewegen werden. Soll es zu Beginn noch ein schneller Espresso sein, gibt es in der Kremser Altstadt zahlreiche Gelegenheiten, der KAFFEE CAMPUS KREMS ist von allen aber wahrscheinlich jene mit der größten Ambition: eigene Kaffeeröstung, ein kleines Kaffeemaschinen-Museum und vor allem sehr gute Atmosphäre. Eine Packung Kaffee bohnen der jungen Kremser Rösterei wäre schon einmal die erste Trophäe dieser Tour im Rucksack. 
Ist Krems nicht nur Ausgangspunkt, sondern auch Endpunkt der Tour, gibt’s ebenfalls reichliche Gelegenheiten, sich zu belohnen. Etwa mit einem von unzähligen Craft-Bieren in dem stimmungsvollen, jungen Bierlokal SCHMID’S, das 2017 in einem der ältesten Gasthäuser der Stadt eröffnete. Oder aber gleich was Ordentliches, und da gibt’s in Krems keine bessere Adresse als das GASTHAUS JELL: Ulli Amon-Jell übernahm vor über 30 Jahren das elterliche Gasthaus und kreierte hier ihren ganz besonderen Stil einer altösterreichischen Wirtshausküche mit dem ganz besonderen, witzigen Jell-Esprit. Freunde von Innereien-Gerichten kommen hier auf ihre Kosten, gewarnt sei nur vor der Anfahrt: Die Obere Landstraße wird zum Schluss sehr steil, gepflastert mit Kopfsteinen - eine echte Bergwertung.
Soll’s eher das moderne Krems sein, empfiehlt sich ein kurzer Erfrischungsstopp bei MARIE IM PARK, einem jungen, fröhlichen Imbissprojekt in einem Pavillon am Kremser Stadtpark, oder natürlich ein kleiner Zwischenstopp ür einen Espresso, ein Frühstück oder was auch immer im POLDI FITZKA, dem hipp-urbanen Lokal im spektakulären Gebäude der Landesgalerie Niederösterreich. Hier versucht sich Krems ein bisschen als Kultur-Welthauptstadt Niederösterreichs darzustellen, und das gelingt gar nicht schlecht. 
Apropos: Wenn man schon hier ist und keine Eile herrscht, sollte man unbedingt den 500-Meter-Abstecher zum Campus der Kremser Donau-Uni machen – eine eindrucksvolle, hochmoderne Universitätsanlage, architektonisch eindrucksvoll die Verbindung der alten Tabakfabrik und der modernen Gebäude. Und sollte schon wieder Zeit für eine Pause sein: Die coole FILMBAR IM KESSELHAUS, ein Café, das Studenten anderer Unis auch gerne hätten, bietet sich an.
Der Kremser Stadtteil Stein ist eigentlich ein Thema für sich, ein absolut prachtvolles histori-sches Ortsbild, fünf Plätze, ein einzigartiges Ensemble aus mittelalterlicher, Renaissance- und Barock-Architektur, nicht umsonst UNESCO- Weltkulturerbe. Lokale und Cafés gibt’s hier ebenfalls en masse, aber wir wollen jetzt erst einmal Meter machen, zumindest ein paar, denn schon am Ende von Stein an der Donau, im Ortsteil Förthof, steht ein absoluter Pflichtbesuch an: der STECKERLFISCH beim Kreisverkehr. Um zu dem zu gelangen, muss man unmittelbar nach der Mauterner Brücke den Radweg verlassen, auf die Zufahrt zum Kreisverkehr einbiegen und diesen bei der zweiten Ausfahrt wieder verlassen. In der warmen Jahreszeit bieten hier Landwirte Obst, Gemüse, Säfte und Weine an, darunter auch wirklich gute Ware (Malafa Spargel, Wachauer Marillen), Highlight ist aber der seit gefühlt immer schon existierende Steckerlfisch-Grill. Nein, die Fische stammen nicht aus der Donau, da es hauptsächlich Makrelen sind, nicht einmal aus heimischen Gewässern. Ein stimmungsvoller Open Air-Imbiss direkt an der Donau aber allemal. 
Wieder zurück auf den Radweg, der sich hier am fast senkrecht abfallenden Hang des Pfaffenbergs das enge Ufer mit Autostraße und Bahntrasse teilen muss. Hier unbedingt hintereinanderfahren, der Platz ist knapp. 
Nach etwas mehr als einem Kilometer öffnet sich beim Rothenhof die Wachau dann, ein tatsächlich erhebender Moment, die makellosen Weingärten Unterloibens, die Ehrfucht gebietenden Hänge legendärer Weinlagen wie Steinertal, Süßenberg oder der unvergleichliche Loibenberg, eine der besten Weißweinlagen der Welt. Den erklimmen wir allerdings nicht, sondern rollen entlang der auch nicht schlechten Lage „Burgstall“ in Unterloiben ein, den ersten einer Reihe malerischer, typischer Wachauer Orte. Die Namen der Weingüter, an denen man hier entlangrollt, sind Legion: Tegernseerhof, Alzinger, Stierschneider und natürlich Emmerich Knoll. 
Womit wir beim nächsten Thema wären: In Unterloiben hungrig zu sein und eine Pause einzulegen, ist eine sehr gute Idee. Erstens, weil die Familie Knoll, konkret Sepp Knoll und Junior Josef hier den grandiosen LOIBNERHOF führen, eines der schönsten und typischsten Wachauer Gasthöfe überhaupt: weitläufiger Gastgarten unter Obstbäumen, herrliche bürgerliche Küche, die von deftigen Innereien-Spezialitäten bis zu Fisch und Krustentier reicht. Definitiv ein Erlebnis. Ohne Reservierung ist man hier allerdings chancenlos. 
Fast genauso gut, kleiner und für einen spontanen Besuch etwas chancenreicher ist die WACHAUERSTUBE LOIBEN schräg gegenüber: 2015 übernahm Gerald Diemt, dem Wiener Gourmet-Publikum noch aus dem Edel-Italiener „Novelli“ bekannt, dieses kleine, unscheinbare Wirtshaus, renovierte nach allen Regeln der Kunst und legt hier eine Küche vor, die das Herz zum Singen bringt: Loibner Lamm-Linsen-Eintopf, ein traumhaftes Riesling-Beuscherl oder das wahrscheinlich beste Paprikahendl zwischen Krems und Melk. 
Durch die Weingärten der Rieden Frauenweingärten (links) und Satzen (rechts) führt uns die Straße nach Oberloiben, das wir über den Mitterweg aber gleich wieder verlassen, linkerhand das architektonisch eindrucksvolle Weingut F. X. Pichler sehen, die Domäne Wachau passieren, schon oftmals als bestes Genossenschaftsweingut der Welt bezeichnet. 
Hier beim Bahnhof Dürnstein hat die WACHAUER SAFRANMANUFAKTUR einen Shop eingerichtet, in dem man Wachauer Safran, Safran-Schokolade, -Honig, -Salz und noch viel mehr bekommen kann. 
Wenn einem malerische, mittelalterliche (und von Touristen stark frequentierte) Ortskerne nichts geben, lässt sich Dürnstein problemlos über den Treppelweg direkt an der Donau umrunden. Was ich allerdings nicht empfehle. Erstens, weil die Auffahrt zum Kremser Tor die einzige Steigung der Tour ist, und zweitens, weil in diesem an die Felsen geklebten historischen Ort mit seinem ikonischen, blau-weißen Kirchturm und der legendären Ruine einer Kuenringer-Festung (in der König Richard Löwenherz 1192/93 zwei Monate gefangen gehalten wurde) zwei kulinarische Highlights der Tour warten: einerseits die BÄCKEREI SCHMIDL. Diese von außen nicht übermäßig auffällige Bäckerei und Konditorei existiert immerhin schon seit 1780, wird seit 2014 von der großartigen Barbara Schmidl geleitet und ist der Ursprung einer österreichischen Gebäcksikone, des einzigartigen Wachauerlaberls – flaumig, knusprig, herrlich, nur echt mit dem eingebrannten „S“. Ab in den Rucksack damit!
Andererseits das Restaurant des SCHLOSS DÜRNSTEIN. Ja, als Radfahrer mag man sich da nicht ganz korrekt gekleidet vorkommen – ich habe mich für den Besuch hier umgezogen, was mir hoch angerechnet wurde –, aber einen schöneren Wachaublick als von der hiesigen Terrasse gibt es nicht (einen kostspieligeren übrigens auch nicht). Und die Palatschinken mit hausgemachter Marillenmarmelade sind wirklich fantastisch. 

Die ganze Tour und viele weitere spannende Radl- und Genusspots können Sie im neuen Buch von Florian Holzer entdecken. 

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