Matthias Beck im Gespräch zu seinem Buch „Krebs. Körper, Geist und Seele einer Krankheit“
Statistisch betrachtet trifft es jeden Vierten – dennoch wirft die Diagnose „Krebs“ den Betroffenen in elementarer Weise auf sich selbst zurück. Der Theologe und Mediziner Matthias Beck nähert sich in seinem neuen Buch „Krebs“ Körper, Geist und Seele dieser Krankheit auf vielschichtige Weise.
Styria
Was ist der Hintergrund des Buchtitels „Krebs. Körper, Geist und Seele einer Krankheit“? Worauf bezieht sich dieser Dreischritt in diesem Kontext?
Matthias Beck:
Menschen fragen oft: Warum gerade ich? Die Naturwissenschaften können darauf wenig Antworten geben, denn sie verallgemeinern. Hier aber geht es um den Einzelnen. Da kann die Psychologie schon etwas in die Biografie hineinschauen. Letztlich ist jeder Mensch einmalig. Er stellt sich Fragen nach dem Sinn seines Lebens, wie er sein Glück findet im Leben, wie seine Identität, wie seine „Berufung“. Und das sind Fragen der Philosophie, Theologie und Spiritualität.
Styria
Obwohl es so viele Menschen betrifft, ist das Thema „Krebs“ gesellschaftlich immer noch mit einem Tabu behaftet. Viele leiden einsam und still. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Matthias Beck:
Krebs ist die einzige Krankheit, die mit dem Begriff „bösartig“ bezeichnet wird. Da kommt ein moralischer Begriff hinein. Viele Patienten denken auch, sie seien „schuld“ an ihrer Krankheit. Viele werden geheilt, aber für manche führt die Krankheit auch zum Tode. Und über den Tod spricht niemand gern.
Styria
Wie hat Ihre „Doppelfunktion“ als Mediziner und Theologie die Herangehensweise an das Thema beeinflusst? Nehmen Sie dadurch andere Blickwinkel ein?
Matthias Beck:
Ja, mein Blick geht über die naturwissenschaftliche Medizin und die Psychologie hinaus auf „letzte Fragen des Lebens“, wie jene nach dem Sinn meines Lebens, nach Tod und Hoffnung, nach Gott und der Bedeutung von Ereignissen. Dinge passieren nicht einfach so, sie stehen in einem größeren Zusammenhang, den man zum Teil erkennen kann – wenn auch nicht immer.
Styria
Welche Rolle spielen Glaube und Spiritualität für Sie in diesem Kontext? Und was machen Atheisten?
Matthias Beck:
Glauben heißt vertrauen: vertrauen in eine tiefere Lebensführung. Der gute Gott will jeden Menschen durchs Leben führen. Dazu muss man „hören“ lernen auf die innere Wahrheitsstimme, auf Ereignisse, Begegnungen im Leben. Es braucht ein Art Leseschule, um diese Ereignisse im Horizont eines guten Gottes interpretieren zu können. Das gelingt nicht immer auf Anhieb. Der Atheist wird womöglich alles als zufällig interpretieren, er hat auch keine Perspektive über den Tod hinaus, aber da gibt es unterschiedliche Zugänge.
Styria
Was können Betroffene und Angehörige aus der Lektüre dieses Buches „mitnehmen“?
Matthias Beck:
Ein bisschen Hilfe zur Einordnung des Phänomens „Krebs“. Vielleicht etwas Entlastung, Trost, ein Verstehen größerer Zusammenhänge, Mithelfen an Lebensumstellungen des Kranken, ein tieferes Verstehen und selbst etwas daraus zu lernen.
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Orientierung und Halt im Umgang mit Krebs
Statistisch trifft es jeden Vierten – dennoch wirft die Diagnose „Krebs“ die Betroffenen in elementarer Weise auf sich selbst zurück. Der Umgang mit dieser Extremsituation ist so unterschiedlich wie die Menschen. Für viele stellt sich die existenzielle Sinnfrage: Warum ich?
Der Theologe und Mediziner Matthias Beck nähert sich dem Thema behutsam auf vielschichtige Weise an. Eine Krebstherapie muss mehr bekämpfen als nur die körperlichen Symptome. Er regt an, sich auch offen mit der Sinnfrage auseinanderzusetzen, in sich hineinzuspüren, um seelische Konflikte und Verletzungen zu erkennen. Eine vertiefte Erkenntnis kann wesentlich zum Gesundungsprozess beitragen. Das kann, aber muss nicht zwingend eine spirituelle „Suche nach dem letzten Grund“ einschließen.
Matthias Beck (Univ.-Prof. DDr.), geboren 1956 in Hannover, abgeschlossene Studien in Pharmazie, Medizin und Theologie, Habilitation in Moraltheologie. Seit 2007 Außerordentlicher Universitätsprofessor für Moraltheologie/Medizinethik an der Universität Wien, Priesterweihe 2011.
Autor zahlreicher Bücher im Grenzgebiet von Naturwissenschaft, Medizin, Philosophie und Theologie.
Blick ins Buch

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