Leseprobe

Vom Tocai zum Friulano 50 Dinge, die man in Friaul getan haben muss

Dieses Friaul muss schon bei der Erschaffung der Welt ganz besonders gesegnet worden sein, auf kleiner Fläche vereint es eine unglaubliche Vielfalt an Landschaftstypen. Dazu kommen dermaßen viele Zeugnisse aus (fast) allen menschlichen Epochen, dass eine Auswahl von 50 typisch friulanischen „Dingen“ schwerfällt. 100 könnten es locker sein, 150 sicherlich auch.

Vom Tocai zum Friulano

„In vino veritas“, verrät uns ein altes Sprichwort: „Im Wein liegt die Wahrheit.“ Und die besagt, dass es in Friaul so gut wie alles gibt, nur keinen schlechten Wein. Wovon man sich beim traditionellen Tajut, dem Stehachterl, überzeugen kann.

Die einschneidendste Veränderung in der mehr als 2000 Jahre alten Weinwirtschaft in Friaul – neben Verbesserungen der Kellertechnik im Zuge technischer Revolutionen natürlich – verdanken wir ausgerechnet der Europäischen Union. Denn diese rüttelte am Namen eines der wichtigsten Weine der Gegend. Mit Erfolg, wie die Bezeichnung Friulano beweist.
Ursprünglich – man darf davon ausgehen, dass es zumindest älteren Weinbeißern noch im Gedächtnis ist – hieß die autochthone Rebsorte Norditaliens nämlich Tocai. Dabei handelt es sich um einen Weißwein, meist goldgelb im Glase funkelnd und nicht unbedingt einer der Schwächsten, was den Alkoholgehalt betrifft. Neben den eher reschen Varianten wird er gerne auch süß ausgebaut. Die Namensgleichheit mit dem ungarischen Tokajer wurde dem Tocai Friulano, wie er zur Unterscheidung sicherheitshalber auch schon früher genannt worden war, vor gut zehn Jahren zum Verhängnis. Die EU untersagte den Winzern Norditaliens die Verwendung des Namens Tocai und schlug sie ausschließlich den ungarischen Kollegen zu. Für den friulanischen Tocai blieb ab dem Jahr 2008 „nur“ mehr die Bezeichnung „Friulano“ übrig, die sich mittlerweile ganz gut eingespielt hat und die sowieso bestens zur Gegend passt. Die anfängliche Aufregung – das wäre, wie wenn man künftig die Pizza nicht mehr Pizza nennen dürfe – hat sich gelegt. Name ist eben doch nur „Schall und Rauch“, wie schon Goethe seinen Dr. Faust sagen ließ.
Abgesehen vom Friulano gibt es in Friaul natürlich jede Menge anderer Weine von allerhöchster Güte. Eines der legendären Anbaugebiete sind die Colli Orientali, wie der Name – hier gilt: nomen est omen – bereits verrät, im östlichen Teil des Landes an der Grenze zu Slowenien gelegen. Zwischen Tarcento im Norden und Corno di Rosazzo im Süden gedeihen auf den sanften Hügeln die unterschiedlichsten Tröpferln, egal ob weiß oder rot. Zum Friulano gesellen sich da Sauvignon Blanc, Pinot Grigio und natürlich der allgegenwärtige Merlot. Gelegentlich schlossartig ausgebaute Weingüter geben mit ihrer Lage an den sanften Abhängen der Hügel ein malerisches Bild nach dem anderen ab. Das gilt in gleicher Weise für die weiteren berühmten Weinbauregionen Friauls, wie beispielsweise den südlich anschließenden Collio, das Gebiet Isonzo, nicht zu vergessen natürlich Aquileia und Friuli-Grave im Westen des Landes, um nur einige der friulanischen DOC-Regionen zu nennen (Denominazione di Origine Controllata – geschützte Ursprungsbezeichnung). Einen ganz eigenen Charakter haben wiederum die Weine des Gebietes Carso, also des Karsts oberhalb von Triest, dessen Buschenschänken, dort Osmize genannt, an der Grenze zu Slowenien besonders beliebt sind – nicht nur wegen des Weins, vor allem Vitovska, Malvasia und Teran, sondern auch aufgrund der Fleisch- und Wurstspezialitäten.
Kennt man sich bei Wein gut aus, empfiehlt es sich, die Winzer direkt auf ihren Weingütern zu besuchen, beispielsweise während der „Cantine Aperte“, an denen die Türen der Keller geöffnet sind. Kennt man sich weniger gut mit Wein aus, genügt es, zum Essen einfach einen halben Liter „vino bianco/rosso della casa“ zu bestellen, also den Hauswein. Denn der schmeckt in der Regel ausgezeichnet und wird auch von den Italienern selbst getrunken.
Ein geselliges Gläschen Wein gehört in Friaul wie in weiten Teilen Italiens nämlich zum guten Ton. Nach der Arbeit oder auch am Sonntagvormittag treffen sich die Menschen (vor allem Männer!) in den Bars und trinken ein, zwei kleine Gläser zum günstigen Preis vom „offenen“ Wein. Das ist: „Il tajut“.

Info

Cantine Aperte:
Termine und teilnehmende Betriebe auf der Website des Movimento Turismo del Vino: www.movimentoturismovino.it (auf der Italienkarte Friaul anklicken).

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